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SKANDALÖS? JA, ABER...

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte macht in letzter Zeit zunehmend "Ärger", indem er hochgradig problematische Entscheidungen fällt, die wirklich nicht benötigt worden wären. Man erinnere nur an die Entscheidungen zum/zur

  • Whistleblowing",
  • Beamtenstreikrecht,
  • nachträglichen Sicherungsverwahrung.

Insbesondere in der verflixten Debatte um die zunächst höchstrichterlich verfassungskonforme, dann gegen die EMRK verstoßende und plötzlich doch  verfassungswidrige nachträgliche Sicherungsverwahrung sollte man vielleicht mal das Undenkbare denken, auch, um dem BVerfG die Chance zu geben, seine Meinung erneut zu ändern: Die EMRK kann man zur Gänze kündigen (Art. 58) und ggf.  unter Vorbehalten erneut ratifizieren (Art. 57).

Die Kündigung befreit die kündigende Vertragspartei  allerdings nicht von ihren Verpflichtungen aus der EMRK in bezug auf Hand­lungen wie Anordnungen der nachträglichen Sicherheitsverwahrung, die sie vor dem Wirksamwerden der Kün­digung vorgenommen hat und die möglicherweise eine Verletzung dieser Ver­pflichtun­gen darstellen.

Jeder Staat kann bei der Hinterle­gung der Ratifikationsurkunde einen Vorbehalt zu einzelnen Bestimmungen der EMRK anbringen, soweit ein zu dieser Zeit in seinem Hoheitsgebiet geltendes Ge­setz mit der betreffenden Bestimmung der EMRK nicht übereinstimmt.

Schon eine hierüber in Deutschland ausgetragene öffentliche Debatte könnte Wunder wirken und zumindest etwas judicial self-restraint in Straßburg auslösen.

 

 

 

MENSCHENRECHTE IN AFGHANISTAN


 

 


  

WARUM EIGENTLICH?

Wenn man das Römische Statut des IStGH und das seiner Umsetzung dienende VStGB miteinander vergleicht, fällt auf, dass das VStGB - im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b (iv) des Römischen Statuts - in § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB auch Taten in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen erfasst. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist in § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB von Schäden die Rede, die  "außer Verhältnis" stehen, wohingegen Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b (iv) des Römischen Statuts nur Schäden erfasst, die "clearly excessive" sind.

Warum nur, fragt man sich, schießt der deutsche Gesetzgeber immer wieder in völkerrechtlich überdies fragwürdiger Weise bei der Umsetzung völkerrechtlicher Pflichten über das Ziel hinaus?

Nach der Regierungsbegründung will die Norm auch Art. 85 Abs. 3 Buchstabe b und c  (i.V.m. Art. 51, 57) ZP I umsetzen, der als in gewohnheitsrechtlicher Geltung behauptet wird, was so durchaus falsch ist. Der in der deutschen Übersetzung von Art. 85 Abs. 3 Buchst. b und c ZP I auftauchende Begriff "unverhältnismäßig" findet sich in den Vertragssprachen des Zusatzprotokolls nicht; dort ist nur von exzessiven ("excessive") Schäden bzw. Verlusten die Rede.

Die Regierungsbegründung ist überdies falsch, wenn es dort heißt: "Die im IStGH-Statut nicht vorgesehene Anwendung der Vorschrift auch auf den nichtinternationalen bewaffneten Konflikt findet ihre Begründung im geltenden Gewohnheitsrecht, das unverhältnismäßige Schäden auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt pönalisiert." Der sich in der Regierungsbegründung anschließende Hinweis auf das IGH-Gutachten zu Nuklearwaffen und das Kupreskic-Urteil des ICTY vom 14. Januar 2000 verschleiert mehr als er nützt, da sich diese Pönalisierung hieraus gar nicht ableiten lässt. Man sollte außerdem nicht verschweigen, dass das erstinstanzliche Urteil vom 14. Januar 2000 in Nr. 535 "Verhältnismäßigkeit" ("proportionality") nicht im Sinne des deutschen Begriffs versteht, sondern nur als temporal angereichertes Exzessverbot ("...the principle of proportionality (which entails not only that the reprisals must not be excessive compared to the precedent unlawful act of warfare, but also that they must stop as soon as that unlawful act has been discontinued)..."), ferner, dass es nie rechtskräftig wurde, sondern von der Berufungskammer im (freisprechendem) Urteil vom 23. Oktober 2001 aufgehoben wurde, was bei Formulierung der Regierungsbegründung 2002 bekannt gewesen sein muss.

 

 

MEDIEN, VERGABERECHT & EINSATZ

Medien, insb. der NDR, regen sich in letzter Zeit wegen angeblicher Ungereimtheiten bei Auslandseinsatzvergaben auf. Die hierzu zunächst verlinkten Webseiten sind in Konsequenz einstweiliger Verfügungen betroffener Unternehmen (siehe hier) gegen die Medien nicht mehr zugänglich.

Vielleicht sollte einmal die logische Vorfrage ventiliert werden, ob die von den Medien inzident unterstellte Anwendbarkeit des europäischen bzw. deutschen Vergaberechts in solchen Lagen überhaupt gegeben ist.

Hierzu bereits: N.B. Wagner: Zur Anwendung des europäischen und des deutschen Vergaberechts am Hindukusch; UBWV 2007, S. 441-448




VERTEIDIGUNGSBEGRIFF & TERRORISMUS

 

Manuel Ladiges,Reichweite des Verteidigungsbegriffs bei terroristischen Angriffen, HFR 2009, S. 19 ff.

 

 

ATALANTA ODER AT(A)LANTIS?

 

Das Bundesverfassungsgericht hat das geneigte Publikum unlängst  in seiner Lissabon-Entscheidung wissen lassen, dass es die EU derzeit offenbar nicht für ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit i.S.v. Art. 24 II GG hält:

"Auch wenn die Europäische Union zu einem friedenserhaltenden regionalen System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art. 24 Abs. 2 GG ausgebaut würde, ..." ... "Der Ratifikationsvorbehalt verdeutlicht, dass der Schritt der Europäischen Union zu einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit durch die geltende Fassung des Primärrechts und durch die Rechtslage nach einem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch nicht gegangen wird."

Was bedeutet das für "Atalanta"? Man darf gespannt darauf warten, ob das Bundesverfassungsgericht bei einer Befassung mit (EUFOR oder) der Operation  "Atalanta" seinen folgenreichen Standpunkt überdenken würde. "Atalanta" wies schon immer besondere völkerrechtliche Probleme auf Hoher See auf, denn dort könnten die von der Bundesmarine in Anspruch genommenen Befugnisse nur den Regelungen der Art. 101 ff. SRÜ entnommen werden, da die VN-Resolutionen sich insoweit der Thematik nicht ermächtigend annehmen. Problem: Nach Art. 107 SRÜ sind zum Aufbringen wegen Seeräuberei nur Kriegsschiffe oder Militärluftfahrzeuge oder andere Schiffe oder Luftfahrzeuge, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sind und die hierzu befugt sind, berechtigt. Eine entsprechende staatliche Zuständigkeitsnorm ist zugunsten der Bundesmarine nicht nachweisbar und bei Wegbrechen von Art. 24 II GG sind auch Hilfskonstruktionen für "Atalanta" nur noch recht schwer vorstellbar. Seevölkerrechtlich betrachtet ist das der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnende Verhalten der Bundesmarine daher ein ganz nettes Aufsatzthema.

 

 

 

ROT-GRÜN UND IRAK

 

Josef Fischer informierte uns unlängst wie folgt: Rot-Grün sei gegen den letzten Irak-Krieg, aber für die Erfüllung von Bündnisverpflichtungen gewesen. Letzteres habe sich in aller Öffentlichkeit durch die Gewährung von Überflugrechten für die US-Militärs niedergeschlagen. Die meisten im Irak eingesetzten US-Truppen seien auch aus Deutschland gekommen, ohne dass seinerzeit jemals von der damaligen Opposition daran Anstoß genommen worden wäre. Wer Stationierungs- oder Bündnisverträge als Erlaubnis zur Verletzung von Neutralitätsrecht (oder gar zur Konfliktbeteiligung [vgl.: Art. 3 Bst. f) der Aggressionsdefinition der VN]) betrachtete, der müsste sich mit dem Einwand auseinandersetzen, die betreffenden Verträge seien  gemäß Art. 34 WÜV unzulässige Verträge zu Lasten Dritter.

 

 

ILO 169

Die an sich gut gemeinte und speziell für Regenwaldvölker konzipierte Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO 169) könnte zu erheblichen innerstaatlichen Problemen in den Staaten des europäischen Kulturkreises führen. Neben der Justiz ist auch die Kulturhoheit der Länder von der ILO 169 massiv betroffen. Die Befürworter einer Ratifikation suggerieren regelmäßig, die Konvention sei auf Sinti und Roma nicht anwendbar oder spiele für diese keine Rolle. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es erscheint keineswegs von vornherein ausgeschlossen, dass sie den etwas weit geratenen Anwendungsbereich der ILO 169 für sich  entdecken würden. Im Übrigen: Lägen die Befürworter richtig, was sollte dann die Ratifikation außer einem Akt entbehrlichster Symbolpolitik darstellen? Von einer Ratfikation  der ILO 169 kann den europäischen Staaten nur abgeraten werden. Vgl.  zu indigenen Völkern auch: Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker.

 

 

 

KARLSRUHE
Eine zweifelhafte Entscheidung des BVerfG vom 19.09.2006 betont zunächst, das Gericht habe sich mehrfach mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes befasst und daraus die Pflicht der Fachgerichte zur Berücksichtigung der Entscheidungen eines völkervertraglich ins Leben gerufenen internationalen Gerichts abgeleitet. Dann führt die 1. Kammer des Zweiten Senats aus, der Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrags durch den Internationalen Gerichtshof müsse über den entschiedenen Einzelfall hinaus eine normative Leitfunktion beigemessen werden, an der sich die Vertragsparteien zu orientieren haben. Voraussetzung hierfür sei, dass

-  die Bundesrepublik Deutschland Partei des einschlägigen Vertrags sei und

- sich vertraglich oder durch einseitige Erklärung der Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs unterworfen habe. Denn andernfalls würde die Art. 59 Abs. 2 GG zugrunde liegende Wertung, nach der das Völkervertragsrecht in seiner Auslegung durch die zuständige internationale Gerichtsbarkeit innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbar ist, missachtet.

Siehe auch: Mehrdad Payandeh: Die verfassungsrechtliche Stärkung der internationalen Gerichtsbarkeit: Zur Bindung deutscher Gerichte an Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs. Anmerkung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006, AVR 45 (2007), S. 244 ff.; ders. Rechtskontrolle des UN-Sicherheitsrates durch staatliche und überstaatliche Gerichte, ZaöRV 2006, 41 ff.


 

ANTIAMERIKANISMUS & ANTIZIONISMUS

Eine ganze Reihe von Autoren hat in der Vergangenheit auf strukturelle Ähnlichkeiten zwischen Antizionismus und Antiamerikanismus hingewiesen. Die Auseinandersetzung mit extremistischen Ideologien muss eine Untersuchung ihrer Feindbilder umfassen. Das Bundesministerium des Innern hat dazu eine Broschüre mit Vorträgen zusammengestellt, darunter

 

  • Antiamerikanismus“, „Antiwestlertum“ und „Antizionismus“? Definitionen und Konturen dreier Feindbilder im politischenExtremismus (Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber),
  • Antizionismus im Islamismus und Rechtsextremismus (Dr. Tânia Puschnerat) und
  • Islamismus, Linksextremismus und der „Westen“ (Prof. Dr. Thomas Meyer).

 

 

 

ZITIERKARTELLE

Zitier- oder Zitationskartelle können positive Kartelle (Zitieren bestimmter Autoren bzw. Hervorhebung bestimmter Argumente) oder negative Kartelle (Nichtzitieren anderer Autoren bzw. Verschweigen bestimmter Argumente) sein. Sie sind eher in Nischenbereichen der Geisteswissenschaften (wie dem HVR) anzutreffen als in Gebieten, die von einer Vielzahl von Autoren bearbeitet werden. Positive wie negative Kartelle dienen bisweilen der Förderung wissenschaftlicher Karrieren, indem die Aufmerksamkeit auf die Mitglieder gelenkt wird, die hierdurch bedeutender erscheinen. Beide Kartellformen erleichtern auch  die Behauptung vermeintlich herrschender oder allgemeiner Meinungen. Wissenschaftsethisch sind beide Formen hochgradig problematisch, unabhängig davon, ob sie auf ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis der Mitglieder beruhen. (Siehe auch: hier)



 

ZUR KORREKTEN SCHREIBWEISE I

Jean Henri Dunant (1828-1910), dem die korrekte Schreibweise seines Namens irgendwann in seinem Leben nicht mehr wirklich gefiel, weshalb er begann als "Henry" in Erscheinung zu treten und so auch "Un Souvenir de Solférino" 1862 publizierte, ist und bleibt "Henri". Man muss nicht jede bizarre Laune mitmachen (anders andere).

  

   

ZUR KORREKTEN SCHREIBWEISE II

Der Begriff „Humanitäres Völkerrecht“ wird großgeschrieben. Abgesehen davon, dass es sich um eine feste Verbindung mit Eigennamencharakter handelt und um keine adjektivische Ableitung (siehe §§ 59-62 des amtlichen Regelwerks zur deutschen Sprache, das im Bundesanzeiger Nr. 205a vom 31.10.1996 veröffentlicht und hier  verfügbar ist), werden Titel von Rechtsgebieten ebenso wie Titel von Gesetzen oder Verträgen stets großgeschrieben (vgl.: § 53 Abs. 2  des amtlichen Regelwerks zur deutschen Sprache). Die vorsätzlich adjektivische Kleinschreibung („humanitäres Völkerrecht“) mancher Autoren ist - wie so vieles im Humanitären Völkerrecht - weltanschaulich geprägt, da hierdurch vernebelt werden soll, dass das „Humanitäre Völkerrecht“ keineswegs ausschließlich humanitären Interessen verpflichtet ist.