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Repressalien


Was sind Repressalien?

Repressalien sind in Zeiten internationaler bewaffneter Konflikte durch Streitkräfte durchgeführte und „an sich“ völkerrechtswidrige Zwangsmaßnahmen, die ausnahmsweise erlaubt sind, wenn sie eine Konfliktpartei anwendet, um Völkerrechtsverletzungen des Gegners zu beenden.

Beispiel: Einsatz einer verbotenen Waffe gegenüber Kombattanten als Repressalie zur Verhinderung weiterer, gleichartiger Verstöße der Gegenseite.

Repressalien sind kein „Vergeltungsmittel“, sondern ein völkerrechtliches Beugemittel zur Rechtsdurchsetzung bzw. Rechtswiederherstellung. Geheim oder unter Täuschung über den Urheber durchgeführte Maßnahmen sind keine Repressalien, da sie den Beugezweck nicht erreichen können.

Repressalien dürfen nur als „ultima ratio“, d. h. nach Fehlschlagen eines Versuchs der gütlichen Streiterledigung und nach vorheriger Androhung angeordnet werden. Repressalien dürfen nicht außer Verhältnis zu dem Verstoß des Gegners stehen. Sie müssen Erwägungen der Menschlichkeit Rechnung tragen.

Liegen die Voraussetzungen einer Repressalie vor, so handeln die ausführenden Soldaten nicht völkerrechtswidrig und werden nicht bestraft (siehe hierzu näher BGHSt 23, 103, 107 ff.).

Es gibt eine Reihe von Repressalienverboten. Ausdrücklich verboten sind Repressalien gegen Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige, Sanitäts- und Seelsorgepersonal, Sanitätseinrichtungen und -material (Art. 46 GA I; Art. 47 GA II; Art. 20 ZP I), Kriegsgefangene (Art. 13 Abs. 3 GA III), Zivilpersonen (Art. 33 Abs. 3 GA IV; Art. 51 Abs. 6 ZP I), Privateigentum von Zivilpersonen in besetzten Gebieten und Angehörige des gegnerischen Staates im eigenen Staatsgebiet (Art. 33 Abs. 3 GA IV), für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte (Art. 54 Abs. 4 ZP I), die natürliche Umwelt (Art. 55 Abs. 2 ZP I), Anlagen und Einrichtungen, die Kräfte gefährlicher Art enthalten (Art. 56 Abs. 4 ZP I) sowie Kulturgut (Art.  52 Abs. 1, 53 Buchst. c ZP I; Art. 4 Abs. 4 Kulturgutschutzkonvention von 1954). Außerdem verbietet das Humanitäre Völkerrecht den Einsatz von Minen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen als Repressalie gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen oder zivile Objekte (Art. 3 Abs. 7 Revidiertes Minenprotokoll).

Deutschland hat bei der Ratifikation der beiden Zusatzprotokolle von 1977 erklärt, es behalte sich vor, auf schwerwiegende und planmäßige Verletzungen der Verpflichtungen des I. Zusatzprotokolls (insbesondere Art. 51 und 52 ZP I) mit allen Mitteln zu reagieren, die nach dem Völkerrecht zulässig sind, um jede weitere Verletzung zu verhindern (Bekanntmachung des Auswärtigen Amts über das Inkrafttreten der Zusatzprotokolle I und II zu den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949 vom 30.07.1991 [BGBl. 1991 II 968]). Andere Staaten, darunter das Vereinigte Königreich (BGBl. 1999 II 599) und Frankreich (BGBl. 2002 II 950), haben bei der Ratifikation entsprechende Erklärungen abgegeben.

Dabei handelt es sich – auch wenn das nicht jeder zu hören wünscht - um völkerrechtlich mögliche und verteidigungspolitisch sinnvolle Vorbehalte, die sich allerdings nicht hinsichtlich von anderen vertragsrechtlichen oder gewohnheitsrechtlichen Repressalienverboten auswirken, sondern nur hinsichtlich der durch das Zusatzprotokoll I neu eingeführten.

Die Bundesregierung hat mit der o.a. Erklärung – wie bsp. auch die Regierungen Frankreichs und des Vereinigten Königreichs - angedeutet, dass sie die vom Zusatzprotokoll I neu eingeführten, vertraglichen Repressalienverbote jedenfalls nicht in vollem Umfang als Ausdruck von Völkergewohnheitsrecht ansieht (siehe BT-Drucksache 14/8524, S. 16).

Diese Rechtsauffassung muss erst recht für den nichtinternationalen bewaffneten Konflikt gelten, für den es an vertraglichen Repressalienverboten fehlt (siehe BT-Drucksache 14/8524, S. 16). Die Entwicklung des Humanitären Völkerrechts weist jedoch in Richtung völkergewohnheitsrechtlicher Repressalienverbote in Zeiten nichtinternationaler bewaffneter Konflikte, die dem Kernbereich der Repressalienverbote, die für den internationalen bewaffneten Konflikt existieren, entsprechen (vgl. Art. 46 GA I; Art. 47 GA II; Art. 13 Abs. 3 GA III; Art. 33, 34, 147 GA IV).















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