Humanitäres Völkerrecht
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VARVARIN

Das zu der - auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2006 (III ZR 190/05) hin erhobenen - Verfassungsbeschwerde im Fall Varvarin mitgelieferte Gutachten vom 23.12.2006 ("Individuelle Kompensationsansprüche bei Verletzungen des humanitären Völkerrechts – völkergewohnheitsrechtliche Ansprüche von zivilen Opfern des Angriffs auf die Brücke von Varvarin“) ist hier zugänglich. die Erwiderung Zimmermanns hier.

Siehe im Zusammenhang: Fischer-Lescano, Subjektivierung völkerrechtlicher Sekundärregeln. Die Individualrechte auf Entschädigung und effektiven Rechtsschutz bei Verletzungen des Völkerrechts, Archiv des Völkerrechts 2007, 299 ff.

Die Verfassungsbeschwerde dürfte als unbegründet zurückgewiesen werden.


Update: Nach nur rund sechs Jahren hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerden nicht einmal zur Entscheidung angenommen (siehe).

    

 


WIE MAN AUS ALTEN KAMELLEN SCHLAGZEILEN MACHT ...

 

...demonstriert aktuell FOCUS mit seiner Berichterstattung aus 09/2013 über detentions im Einsatz in 2001. Nichts daran ist neu. Nichts an diesen detentions war völkerrechtswidrig. Siehe nur:

 Wagner

  • Zu Grenzen des Menschenrechtsschutzes bei Auslandsfriedenseinsätzen deutscher Streitkräfte; NZWehrr 2007, S. 1-11
  • To Protect and to Serve:  Human Rights and Peace Missions Abroad, Saarbrücken 2013, ISBN: 978-3-86194-102-6
  • Grund- und Menschenrechtsschutz in Auslandseinsätzen von Streitkräften; in: Barmherzigkeit zwischen den Waffen, FS für  Andreas von Block-Schlesier, Herdecke 2010 (ISBN: 978-3-9811817-2-2), S. 275 ff

Weingärtner

  • Streitkräfte und Menschenrechte, 2008, ISBN: 978-3-8329-3643-3


Neu ist bloß, dass sich Andreas Zimmermann jetzt auf "allgemeine völkergewohnheitsrechtliche Standards" beruft, die es insoweit allerdings überhaupt nicht gibt.

 


What Happens if They Take Over Syria?


(Screenshot from: http://www.nytimes.com)



NEU
To Protect and to Serve:  Human Rights and Peace Missions Abroad, Saarbrücken 2013, ISBN: 978-3-86194-102-6








WIE VON GEISTERHAND? GUTMENSCHLERICHE ÜBERSETZUNGSFÄLSCHER?

Art. 2 Abs. 1 VN-Zivilpakt ist nicht allein...


Art. 3 (1) der Arabischen Menschenrechtscharta (ArCHR, 22.05.2004) lautet nach Amin Al-Midani/CabanettesArab Charter on Human Rights 200424 Boston University International Law Journal (2006) 147 (149-164): “Each State Party to the present Charter undertakes to ensure to all individuals within its territory and subject to its jurisdiction the right to enjoy all the rights and freedoms…” , wohingegen die von der University of Minnesota veröffentlichte Übersetzung den Satzteil “within its territory andnicht enthält.

Wenn die Boston-Übersetzung aus dem Arabischen zutrifft, was der Fall zu sein scheint, ist es eindeutig falsch anzunehmen,(a)
t the regional level, neither the African Charter nor any other regional Instrument” enthielte “an explicit provision that limits the states parties’ obligations of realising the rights and freedoms to their respective territories”, wie Bulto meint (“Patching the ‘Legal Black Hole’: The Extraterritorial Reach of States’ Human Rights Treaties in the African Human Rights System” 27 SAJHR [2011] 249 [257]).



LIEBER DIE TAUBE AUF DEM DACH...


Wieder eine Chance vertan

Der - trotz umgekehrter zeitlicher Vorzeichen - irgendwie an den Fall "Ottawa ./. rev. Minenprotokoll" erinnernde heftige Streit um den Entwurf eines "Protocol on Cluster Munitions" ist nichts anderes als ein Streit um des Kaisers Bart. Gutmenschen (wollen) verhindern, dass sich die Staaten, die sich dem (hier online verfügbaren) Abkommen von Oslo (Convention on Cluster Munitions - CCM) nicht anschließen wollen, auf geringere Standards verständigen, obwohl:

  • Für die Vertragsstaaten des Abkommens von Oslo änderte sich nichts aus ihren Osloer Pflichten, wenn sie auch Protokoll VI, sollte es jemals beschlossen werden, ratifizierten;
  • Die Nichtvertragsstaaten des Osloer Abkommens würden wenigstens vor 1980 produzierte Streumunition beseitigen, wenn sie Protokoll VI ratifizierten. Das gilt insbesondere für Staaten wie China, USA und Russland, die - so wie es on the international arena aussieht - das CCM in den nächsten Dekaden nicht ratifizieren werden.

"Lieber nichts als wenig" ist offenbar mal wieder die Devise der Kritiker. Über die Verabschiedung des VI. Protokolls sollte während der 4. Revisionskonferenz der
CCW vom 14.-25. November 2011 beraten werden. Die
Verhandlungen  sind wie erwartet in Genf ergebnislos zu Ende gegangen, nicht zuletzt wegen der Desinformationspolitik diverser NGO's, die Standards von Oslo sollten im Wege eines VI. Protokolls reduziert werden.
Wenn auf dem einen Acker große Tomaten gedeihen, sollte man nicht jammern, wenn auf dem anderen nur kleiner wachsende Sorten gepflanzt werden, bevor dort überhaupt nichts gedeiht.
Wieder wurde eine Chance vertan, Standards zu erreichen, die allgemeine Akzeptanz in der Staatengemeinschaft finden, was mit dem Osloer Abkommen nicht gelungen war. Dieses sehr stark beworbene Abkommen schaffte bisher erst die Ratifikation durch 66 Vertragsparteien. Damit ist vorläufig ausgeschlossen, dass seine Standards in den nächsten Dekaden in Völkergewohnheitsrecht erwachsen könnten (von persistent objectors ganz zu schweigen).

 



  
AFGHANISTAN


N. B.
Wagner: Zur Anwendung des Humanitären Völkerrechts in Nordafghanistan; NZWehrr 2011, Heft 2, S. 45-61




WAS IST EIGENTLICH ATALANTA?

Auch wenn es mglw. niemanden in der Politik zu interessieren scheint: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Lissabon-Entscheidung ausgeführt, dass es die EU derzeit nicht für ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit i.S.v. Art. 24 II GG hält:
  • "Auch wenn die Europäische Union zu einem friedenserhaltenden regionalen System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art. 24 Abs. 2 GG ausgebaut würde, ..."
  • "Der Ratifikationsvorbehalt verdeutlicht, dass der Schritt der Europäischen Union zu einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit durch die geltende Fassung des Primärrechts und durch die Rechtslage nach einem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch nicht gegangen wird."

In den Mandatsanträgen der Bundesregierung ist nach wie vor davon die Rede, "... die Fortsetzung des Einsatzes der deutschen Streitkräfte im Rahmen der EU-geführten Operation Atalanta ..." erfolge "...  im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 des Grundgesetzes."

  

60 JAHRE "UNITING FOR PEACE"

Am 3. Novemer 1950 nahm die VN-Generalversammlung die Resolution "Uniting for Peace" (Resolution 377[V]) mit 52:5:2 Stimmen an. Damit wurde die in Art. 18 Abs. 2 VN-Charta für Beschlüsse der Generalversammlung über wichtige Fragen wie Empfehlungen hinsichtlich der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit geforderte Zweidrittelmehrheit erreicht. Die Resolution schreibt der VN-Generalversammlung u.a. das Recht zu, in allen Fällen, in denen
  • eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorzuliegen scheint und
  • der VN-Sicherheitsrat mangels Einstimmigkeit der ständigen Mitglieder seine Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nicht wahrnimmt,
den Mitgliedstaaten friedenserhaltende und -erzwingende Maßnahmen zu empfehlen, was im Korea-Konflikt (Nr. 4 der Resolution 498 [V] vom 1. Februar 1951) konkret wurde. (Siehe auch: Tomuschat, Uniting for Peace)

Die Resolution wird selten erwähnt, wenn Staaten gegen andere  Staaten ohne Mandat  des VN-Sicherheitsrats militärisch vorgehen und dies damit zu legitimieren versuchen, dass der VN-Sicherheitsrat mangels Einstimmigkeit der ständigen Mitglieder seine Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nicht wahrnehme.



AUCH EIN DEUTSCHER ERFOLG

 

Abkommen über Streumunition seit 01.08.2010 in Kraft


2008 hatte die Abrüstungspolitik des deutschen Bundesministeriums der Verteidigung einen bedeutsamen Erfolg zu vermelden. Ein beachtlicher Teil der Staatengemeinschaft hat sich auf ein Verbotsabkommen hinsichtlich von Streumunition geeinigt. Das (hier online verfügbare) Abkommen ist am 3. Dezember 2008 in Oslo von Deutschland und vielen anderen Staaten gezeichnet worden, damit es möglichst bald – nach der Ratifizierung durch mindestens 30 Staaten – in Kraft treten kann. China, Russland und die USA haben sich allerdings nicht unter die Unterzeichnerstaaten eingereiht.

Den Entwurf eines deutschen (Zustimmungs-) Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition können Sie hier einsehen. Das Gesetz vom 06.06.2009 (BGBl. 2009 II 502) ist mittlerweile in Kraft getreten.

Nachdem die nötige Ratifizierung durch 30 Staaten erreicht ist, ist das Übereinkommen nach seinem Artikel 17 am 1. August 2010 in Kraft getreten. Bisher gibt es jedoch nur Ratifikationen von 66 Vertragsparteien.


 


REVIEW CONFERENCE OF THE ROME STATUTE
Die Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) haben sich im Juni 2010 in Kampala/Uganda auf eine Definition des Verbrechens der Aggression geeinigt. Die Strafverfolgung durch den ICC wird gemäß Art. 15 bis und Art. 15 ter Römisches Statut (n.F.) von einer nach dem 01.01.2017 zu treffenden weiteren Entscheidung abhängen. Die wesentlichen Konferenzdokumente finden Sie hier.



IKRK-Gewohnheitsrechtsstudie

Endlich ist sie da, die frei zugängliche Online-Fassung der umstrittenen Studie "Customary international humanitarian law, ICRC Study on Customary Rules of International Humanitarian Law published by Cambridge University Press 2005"

 

Band I (Regeln)

Band II (Praxis)



RECHTSSTATUS DES SANITÄTSPERSONALS DER STREITKRÄFTE IN AFG


Antwort der Bundesregierung
(Drucksache 17/1338) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

  

FS FÜR A. VON BLOCK-SCHLESIER
F.-E. Düppe, S. R. Lüder, C. Raap und R. Wagener (Hrsg): Barmherzigkeit zwischen den Waffen, Festschrift (mit 17 vorwiegend völkerrechtlichen Aufsätzen) für  Andreas von Block-Schlesier, Herdecke 2010, ISBN: 978-3-9811817-2-2 (Flyer)



KULTURGUTSCHUTZ

Sie können den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Zweiten Protokoll vom 26. März 1999 zur Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten
hier einsehen. Das Protokoll ist für Deutschland am 25.02.2010 in Kraft getreten (BGBl. 2011 II, S. 486).

  


NICHTSTAATL. SICHERHEITSUNTERNEHMEN 

17 Staaten (Afghanistan, Angola, Australien, Österreich, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Irak, Polen, Sierra Leone, Südafrika, Schweden, Schweiz, Ukraine, Vereinigtes Königreich und die USA) haben dem Montreux-Dokument vom 17.09.2008 zum Umgang mit privaten Militär- und Sicherheitsfirmen zugestimmt. Das Dokument ist kein völkerrechtlich verbindliches Dokument, aber ein wichtiges völkerrechtspolitisches Signal.  

  



WAS IST EINE "SCHUTZMACHT"?

Ein erläuternder Beitrag zur Schutzmacht ist hierzu verfügbar, ebenso ist ein Überblick der schweiz. Direktion für Völkerrecht hier verlinkt.

  

  
 
CGERLI

Deutsche juristische Informationen sind jetzt über ein Internetportal in englischer Sprache erhältlich, das mit Förderung des Auswärtigen Amts entwickelt wurde. Das Centre for German Legal Information ist ein privat getragenes, gemeinnütziges Projekt, dessen Datenbank frei zugänglich ist und bereits mehrere Hundert Dokumente bietet.

  



STICHWORT "FRIEDEN"

Nicht überall wo Leute "Krieg" drauf schreiben, ist "Krieg" auch drin. Ein erläuternder Beitrag (Stichwort "Frieden") ist hierzu verfügbar.


  

 


SCHUTZ VOR SEXUELLER GEWALT IM KONFLIKT

Der VN-Sicherheitsrat hat mit Resolution 1820 (2008) das Thema Schutz von Zivilpersonen, insb. Mädchen und Frauen, vor sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten den Staaten erneut vor Augen geführt. Besonders interessant ist, dass sexuelle Gewaltverbrechen von Amnestiebestimmungen, die im Zusammenhang mit Konfliktbeilegungsprozessen erlassen werden, ausgenommen werden sollen.


 


SCHUTZZEICHEN & NICHTSANITÄTSDIENSTLICHES

Ein erläuternder Beitrag ist hierzu verfügbar. Siehe auch: Dreist, UBWV, 2008, 382-393, und BT-Drucksache 17/1338.



ROTER KRISTALL RÜCKT NÄHER


Mit Gesetz vom 17.03.2009 (BGBl. 2009 II 222) hat der Deutsche Bundestag dem Zusatzprotokoll vom 8. Dezember 2005 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III) zugestimmt. (Der Gesetzentwurf nebst Begründung ist hier verfügbar.) Das Protokoll III tritt nach seinem Art. 11 Abs. 2 sechs Monate nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde für Deutschland in Kraft.
Die Verpflichtung zur Achtung der durch die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle geschützten Personen und Objekte ergibt sich aus dem Schutz, den ihnen das Völkerrecht gewährt, nicht aus der Verwendung von "Wahrzeichen" oder Erkennungs- oder Unterscheidungszeichen. In Deutschland hat es sich seit langer Zeit eingebürgert, unabhängig davon, ob die Verwendung von Erkennungs- oder Unterscheidungszeichen dem Schutz oder der Bezeichnung dient (vgl. Art. 44 GA I), stets von "Schutzzeichen" zu sprechen. Richtigerweise sollte man aber eigentlich dann, wenn die Verwendung von Erkennungs- oder Unterscheidungszeichen (in den Vertragssprachen "distinctive signs" oder "signes distinctifs")

  • dem Schutz dient ("protective use"; "l’usage protecteur"), von Schutzzeichen (protective sign)

  • der Bezeichnung dient ("indicative use"; "l’usage indicatif"), von Kennzeichen (indicatory sign)

sprechen. Nur zum Zweck der Bezeichnung dürfen die nationalen Gesellschaften derjenigen Vertragsstaaten, die sich für die Verwendung des Roten Kristalls entscheiden, nach Maßgabe nationalen Rechts bestimmte andere Zeichen in den Roten Kristall einfügen. Der Rote Davidstern auf weißem Grunde (Magen David Adom) erfüllt die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 des Protokolls III. Der Staat Israel hat das Protokoll III am 22.11.2007 ratifiziert und hierbei eine sich auf die Erklärung von 08.12.1949 beziehende Erklärung abgegeben.



DRK-GESETZ

Ein nicht wirklich in Zeiten der Entbürokratisierung passen wollendes Gesetzgebungsprojekt ist Realität geworden. Wer den Gesetzgebungsbedarf für das DRK-Gesetz und seine Begründung analysiert, der stellt fest, dass es nur einen Nutznießer dieses nicht unzweifelhaften Gesetzes geben wird, das Deutsche Rote Kreuz e.V., das

  • gegenleistungsfrei eine wirtschaftlich verwertbare Position erhält, nämlich das zweckungebundene  Privileg in § 3 auf Verwendung des Rotkreuzzeichens, was mit Art. 44 GA I unvereinbar und daher völkerrechtswidrig ist, ferner weit über den Zweck, welcher der Regelung nach der Begründung zugrunde liegen soll, hinaus geht;

  • seine Alimentierung aus dem Bundeshaushalt in § 2 Abs. 2 abgesichert bekommt. 

      



KONVENTION ZUR STAATENIMMUNITÄT
Die oben beschriebenen Vorgänge sind ein Grund mehr, weshalb sich die Staaten gründlichst überlegen sollten, ob sie in der Zukunft die VN-Konvention über Staatenimmunität vom 02.12.2004 ohne klare Vorbehalte hinsichtlich deren Art. 12 ratifizieren sollten. Wer aber die Risiken eingehen will, der mag auf klare Vorbehalte verzichten.



UNTERWERFUNGSERKLÄRUNG

Deutschland hat in einer am 1. Mai 2008 in New York abgegebenen Erklärung die obligatorische Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs (IGH) nach Art. 36 Abs. 2 IGH-Statut anerkannt, also eine sog. „Unterwerfungserklärung" abgegeben.

Deutschland gehört damit zu einer Minderheit von Staaten, die sich zu diesem weitgehenden Schritt entschlossen haben.  Die Abgabe der Erklärung entspricht der völkerrechtsfreundlichen deutschen Außenpolitik. Dieser Schritt tangiert indes in tiefgreifender Weise die Staatlichkeit Deutschland, da Art. 94 Abs. 2 VN-Charta vorsieht, dass dem VN-Sicherheitsrat, dem Deutschland bekanntlich nicht (ständig und mit Vetorecht ausgestattet) angehört, das Recht zusteht, Entscheidungen des IGH im Falle der Nichtbefolgung mit Zwangsmassnahmen durchzusetzen. Eine über die Information hinausgehende Beteiligung des Deutschen Bundestages ist nicht ersichtlich, was Fragen aufwirft.

Immerhin wurden die Folgen in einigen Feldern der Politik durch völkerrechtlich zulässige und in der Staatenpraxis übliche Vorbehalte gemildert, zu denen man den vorausdenkenden Völkerrechtlern, denen diese zu verdanken sind, ein großes Lob aussprechen sollte. Die Unterwerfungserklärung erfasst u.a. nicht Streitigkeiten, welche

  • die Verwendung von Streitkräften im Ausland, die Mitwirkung hieran oder die Entscheidung hierüber betreffen, daraus herrühren oder damit in Zusammenhang stehen oder
  • die Nutzung des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des dazugehörenden Luftraumes sowie von deutschen souveränen Rechten und Hoheitsbefugnissen unterliegenden Seegebieten für militärische Zwecke betreffen, daraus herrühren oder damit in Zusammenhang stehen.
Instruktiv: Christophe Eick, ZaöRV 68 (2008), 763 (768 ff). Die Autoren der von Norman Paech zugänglich gemachten kritischen Stellungnahme von IALANA verwechseln einiges und verkennen,  dass ein alle Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 3 GG vollständig erfüllendes Gericht bislang gar nicht existiert; vgl. Röben, Außenverfassungsrecht: Eine Untersuchung zur auswärtigen Gewalt des offenen Staates, 2007, S. 161.



RELIGIONSFREIHEIT

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erneut die Religionsfreiheit gestärkt. 

In seiner Entscheidung vom 9. Oktober 2007 erkennt der EGMR in dem bisherigen staatlichen Zwang zur Teilnahme alevitischer Kinder am sunnitisch geprägten Pflichtreligionsunterricht in der Türkei eine Verletzung geschützter Elternrechte aus Art. 2 des Protokolls Nr. 1 zur EMRK. Art. 2 Protokoll Nr. 1 zur EMRK lautet "No person shall be denied the right to education. In the exercise of any functions which it assumes in relation to education and to teaching, the State shall respect the right of parents to ensure such education and teaching in conformity with their own religious and philosophical convictions." Mit Art. 9 EMRK brauchte sich der EGMR daher nicht mehr intensiv auseinanderzusetzen.

Eine wichtige Hilfe für die Türkei auf ihrem Weg zu einem europafähigen und - nicht nur auf dem Papier - laizistischen Gemeinwesen, ein Weg auf dem der Türkei einiges zu tun bleibt.

(Die Türkei ist übrigens seit dem Vertrag von Lausanne vom 24.07.1923 [der für die Türkei schon erheblich günstiger war als der Vertrag von Sèvres vom 10.08.1920] mit der Erfüllung der [wenigen] Vertragspflichten zum Minderheitenschutz [Artikel 38 bis 44} in Verzug. Siehe weiter hier.)

 




WO IST DIE DEUTSCHE KOMMISSION?
Das IKRK hat die Staaten schon vor Jahren zur Bildung nationaler Kommissionen zur Umsetzung des Humanitären Völkerrechts aufgerufen. Viele Staaten sind dem Aufruf nachgekommen und haben teilweise sogar gesetzlich solche Kommissionen ins Leben gerufen (vgl. hier). In Frankreich ist die Kommission beim Premierminister angesiedelt, im Vereinigten Königreich beim Foreign and Commonwealth Office, in Italien beim Außenministerium, in Sambia beim Justizministerium und in Zimbabwe beim Verteidigungsministerium. Ausgerechnet Deutschland verfügt über keine solche Kommission.


GUANTANAMO BAY

Über Gantanamo Bay (hierzu auch: Thiele, AVR 2010, 105 ff.) ist insb. seit dem 11. September viel geschrieben worden. Über die Haltung der USA zur extraterritorialen Anwendbarkeit des VN-Zivilpakts ist indes viel zu selten etwas zu lesen:

  • Reply of the Government of the United States of America to the Report of the Five UNCHR Special Rapporteurs on Detainees in Guantanamo Bay, Cuba, vom 10.03.2006
  • Annex I („TERRITORIAL APPLICATION OF THE INTERNATIONAL COVENANT ON CIVIL AND POLITICAL RIGHTS “) des 3. US-Staatenberichts
  • United States Responses to Selected Recommendations of the Human Rights Committee October 10, 2007


WER IST DER FACHAUSSCHUSS?

Der „Fachausschuss Humanitäres Völkerrecht" des Deutschen Roten Kreuzes ist ein auf der DRK-Satzung beruhendes und vom DRK-Präsidium bestelltes Gremium zur Beratung des Präsidiums des DRK, das auch dem Meinungsaustausch der Mitglieder dient. In dem Fachausschuss sind neben einigen Ressorts (AA, BMJ, BMI und BMVg) und DRK-Vertretern auch Wissenschaftler und interessierte Privatpersonen, insb. Pensionäre, vertreten.

Der Fachausschuss geht anscheinend davon aus, er sei eine der nationalen Kommissionen zur Umsetzung des Humanitären Völkerrechts, zu deren Bildung das IKRK die Staaten aufgerufen hat. Anders wäre nicht zu erklären, dass das IKRK, das auf die Berichte der nationalen Gesellschaften angewiesen ist, den Fachausschuss in seine Liste der nationalen Kommissionen und Ausschüsse aufgenommen hat. Auch das DRK verbreitet  unzutreffend auf seinen Webseiten: " Als satzungsgemäßes Beratungsorgan ist der DRK-Fachausschuss auch Nationale Kommission zum Humanitären Völkerrecht."

Es gibt indes keine staatliche Entscheidung hierüber. Der  Fachausschuss ist mithin nichts als ein DRK-Gremium.


TIPP

Seien Sie wachsam, wenn Sie es mit deutschen amtlichen Übersetzungen im Bereich des Humanitären Völkerrechts zu tun bekommen und vergleichen Sie die Übersetzungen mit den verbindlichen Textfassungen, wozu die deutsche Fassung in der Gegenwart regelmäßig nicht gehört. Wohl aus "rechtspolitischen" Gründen kommt es bisweilen zu gewissen Unterschieden. Die Festlegung der  verbindlichen Vertragssprachen finden Sie zumeist in den Schlußartikeln der jeweiligen Verträge. Eine Vertragsfassung in einer anderen Sprache als einer der Sprachen, deren Text als authentisch festgelegt wurde, gilt nur dann als authentischer Wortlaut, wenn der Vertrag dies vorsieht oder die Vertragsparteien dies vereinbaren (Art. 33 WÜV). Ein Beispiel für die erwähnten Diskrepanzen ist Art. 5 Abs. 2 des III. Genfer Abkommens (GA III), ein anderes Art. 45 Abs. 1 des Zusatzprotokolls I (ZP I) zu den Genfer Abkommen (jeweils "zuständiges Gericht" für "competent tribunal"). Ein "competent tribunal" bedeutet keineswegs ein "zuständiges Gericht", woran uns die USA (Vertragsstaat des GA III, aber nicht des ZP I) in jüngster Vergangenheit erinnert haben. In Art. 45 Abs. 2 ZP I wird "judicial tribunal" mit "Gericht" nicht richtig, aber schon besser übersetzt. Wenn das (Humanitäre) Völkerrecht "zuständiges Gericht" meint, dann wird aber die Wendung "competent court" benutzt (siehe: Art. 71 Abs. 1 des IV. Genfer Abkommens; Art. 6 Abs. 2  und Art. 8 Abs. 3 lit. b VN-Zivilpakt). Vgl. auch: Meiertöns, HuVI 2008, 134 (138).


ARGUMENTATIONSFALLE

Es wird bisweilen vertreten, Bestimmungen des Humanitären Völkerrechts seien auch dann im Frieden anwendbar, wenn dies nicht durch Normen des Humanitären Völkerrrechts wie Art. 44 Abs. 1 GA I ausdrücklich angeordnet wird. In diesem Zusammenhang ist angesichts der einer solchen Argumentation regelmäßig entgegenstehenden Wesensverschiedenheit von Frieden  und internationalem bewaffneten Konflikt (insbesondere Krieg) wie von Friedensvölkerrecht und Humanitärem Völkerrecht erhebliche Vorsicht geboten. Siehe weiter hier.


 




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